Blutiger Winter. Thriller by Tom Callaghan

Blutiger Winter. Thriller by Tom Callaghan

Autor:Tom Callaghan [Callaghan, Tom]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783455170146
Herausgeber: Atlantik
veröffentlicht: 2015-01-26T05:00:00+00:00


Zwei Stunden später bremste Ilja vor einem weißgestrichenen Bauernhaus am Rand des Dorfes. Nichtssagend wie all die anderen Dörfer, durch die wir gekommen waren, eine Anhäufung einstöckiger Gebäude mit hellblauen Tür- und Fensterrahmen sowie Netzgardinen zum Schutz vor neugierigen Blicken. Hin und wieder zog eine formlose Babuschka in schlammigen Walenki und einem gemusterten Kopftuch einen kleinen Karren mit Milchkannen von der lokalen Quelle hinter sich her; streunende Hunde bellten uns an und liefen dem Wagen nach, bevor sie das Interesse verloren und zurück nach Hause trotteten. Das waren die einzigen Anzeichen von Leben, die wir sahen.

»Ist es das Haus?«, fragte ich.

Ilja nickte bloß. Ein Mann weniger Worte.

Wir stiegen aus dem Wagen, und ich ging auf dem Weg zur Haustür voran. Das Haus war ziemlich heruntergekommen und wahrscheinlich zum letzten Mal gestrichen worden, als Stalin das Land aufgeteilt hatte. Die Fensterscheiben waren gesprungen. Neben der Haustür lag ein schlafender Köter, offenbar nicht der beste Wachhund der Stadt.

Als wir näher kamen, wunderten wir uns, dass der Hund nicht aufsprang und bellte, bis wir die graurote Pfütze unter seiner Schnauze sahen, die sich dunkel auf dem Schlamm abzeichnete.

Wenn hier irgendwann Vögel gesungen hatten, schwiegen sie jetzt.

Ich hob eine Hand, um die anderen zurückzuhalten, und zog mit der anderen meine Pistole. Auch ohne mich umzudrehen, wusste ich, dass Saltanat das Gleiche tat.

Die schlichte Holztür war unten durch jahrzehntelange Tritte von schlammigen Stiefeln verkratzt, aber das war nicht der Grund, warum sie aus einer Angel hing.

Die üblichen landwirtschaftlichen Gerüche von feuchter Erde, Schafswolle und Gülle wurden von einem eigenartigen Aroma überlagert, ein säuerlicher, widerlicher Gestank, der mir die Nase verstopfte. Ich stieß die Tür mit dem Fuß auf und ging langsam ins Haus.

Der Geruch wurde intensiver, war allzu vertraut. Ich dachte an meinen ersten Mordfall, den alten Mann, der von seinem Neffen in einem Ein-Zimmer-Dreckloch ermordet worden war, an die mit Blut verschmierten Wände, die Eingeweide, die auf den nackten Betonboden gequollen waren.

Ich konnte Blut in der Luft schmecken.

In Kirgisistan gibt es ein Spiel namens kok boru. Es ist eine Art Polo, bei dem Männer auf Pferden versuchen, ein Tor zu erzielen, indem sie den kopflosen Kadaver eines Schafes oder einer Ziege in einen Kreis aus Autoreifen schleudern. Nachdem die Ziege eine Stunde lang hochgerissen, im Schlamm herumgeschleift und zigfach getreten worden ist, erinnert sie an nichts mehr, was jemals lebendig war, zerfetzt, blutig und von Hufabdrücken im rohen Fleisch gezeichnet.

Das war in etwa das Bild, das mich erwartete, als ich das Wohnzimmer betrat.

Gulbara hatte die Naturgesetze überwunden und war an zwei Orten gleichzeitig. Genauer gesagt lag Gulbaras untere Hälfte in der Tür zum Schlafzimmer, während Kopf und Torso mich von einem Stuhl gegenüber dem Fenster anstarrten. Der Holzboden war ein See von Blut, der in der kalten Luft allmählich schwarz verkrustete. Ich machte einen Schritt auf die Leiche zu. Gulbaras Bauch war von einem Muster aus Rasierklingenschnitten übersät, keiner tief, keiner tödlich, aber ausreichend, um ihr zu verraten, dass es kein Entkommen geben würde. Ich hoffte, dass sie bereits tot war, als man ihren



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